The 8. Peking to Paris Motor Challenge 18. Mai 2024 - Day 1: Peking - Datong (519 km)
Heute Morgen mussten wir schon um 04:00 Uhr aufstehen, da wir auf Grund eines sehr kurzfristigen Erlasses der lokalen Polizeibehörde ab 05:00 Uhr in 5-er Gruppen mit jeweiligen dreiminütigem Abstand starten mussten. Ein Grund dafür war nicht zu erkennen, denn alle Strassen waren fast menschen- und autoleer. Nur an jeder Abzweigung unserer Route stand ein Polizist, welcher uns mit wildem Gefuchtel auf die jeweils richtige Strasse schickte.
Trotzdem erreichten wir das Startgelände an der grossen Mauer rechtzeitig und nach der Präsentation verschiedenster Drachentänze mit viel Getrommel und Sing-Sang-Musik startete das 1. Fahrzeug um 07:30 Uhr. Wir waren um 07:56 dran und fuhren unseres Weges. Das Wetter war zwar etwas diesig, aber dennoch schön und die Temperaturen waren (noch) im angenehmen Bereich.
Zu Beginn waren die Strassen (Autobahnen) sehr gut ausgebaut und wir kamen trotz viel Verkehr zügig voran. Etwas befremdlich wirken die vielen Kontrollen. China ist ein totaler Überwachungsstaat! Alle paar Kilometer wird man fotografiert und an jeder Autobahnzahlstelle wird die Nummer erfasst. Dies muss manuell geschehen, da die automatischen Kameras offenbar die temporären Nummernschilder nicht lesen können. Das führt unweigerlich zu langen Warteschlangen, denn das Zahlstellenpersonal möchte jedes Mal auch noch ein Foto vom Fahrzeug für den Eigenbedarf schiessen .
Als wir wieder einmal in so einer Warteschlange standen, starb 'Dumbos' Motor ab. Erst nach Umschalten der Benzinpumpe lief er wieder und als dann später auf einer langsam gefahrenen Strecke auch diese Benzinpumpe streikte, aber dafür die erste wieder halbwegs lief, war für mich ziemlich klar, wo das Problem lag. Es muss in den Benzinpumpen jeweils so heiss werden, dass das Benzin Dampfblasen bildet und es dann nicht mehr richtig befördert werden kann.
Bei der nächsten Zeitkontrolle holte ich die Ersatzbenzinpumpe aus dem Kofferraum und installierte diese mit Kabelbindern am unteren Ende des vorderen linken Kotflügels. Den zuführenden Schlauch steckte ich in den Benzineinfüllstutzen und den abführenden Schlauch schloss ich am Benzin-Druckregler im Motorenraum an. Strom kam aus der 12 Volt Steckdose im Fahrzeuginnern. Die beiden anderen Benzinpumpen habe ich abgeschaltet und so fuhrenw ir den ganzen Nachmittag lang ohne eine einzige Störung weiter.
Schon der 1. Tag hatte es in sich! Wir erklommen Höhen bis 1'700 Meter ü. Meer und das auf steilen und unbefestigten Strassen. Unser Thermometer im Fahrzeuginnern zeigte bis 38° Celsius an. Da wir infolge unserer Mittagsreparatur etwas Zeit verloren hatten, waren wir im Feld nach hinten gerutscht und konnten auf der steilen Bergstrecke alle paar hundert Meter die vor uns gestarteten Teilnehmenden überholen, welche freiwillig oder gezwungenermassen ihr Fahrzeug abstellen und auskühlen lassen mussten.'Dumbo' meisterte die Strecke mit der neu verlegten Benzinzufuhr ohne Macken, auch wenn das Wasser kurzzeitig fast 100° Celsius und das Öl 110° Celsius erreichte.
Später - wiederum auf der Autobahn - begann es plötzlich und zunehmend zu klacken und zu vibrieren. Das verhiess gar nicht Gutes und Erinnerungen an die Rallye The Road To Hanoi wurden wach. Wir bockten 'Dumbo' hinten auf, liessen ihn im 4. Gang laufen und bei jedem Lastwechsel waren die Geräusche zu hören. Wir prüften alle möglichen Dinge, bauten sogar die Kardanwelle aus um die Kreuzgelenke zu prüfen. Nach weiteren Fahrversuchen in aufgebockten Zustand sahen wir, wie das linke Hinterrad manchmal eierte. War doch schon ein Radlager defekt und das schon am 1. Tag?
Als wir den Raddeckel abnahmen, sahen wir, dass sich alle 5 Radmuttern schon beträchtlich gelöst hatten und das Rad nicht mehr zentriert wurde. Auch bei den anderen Rädern waren alle Muttern lose, aber erst wenig. Wie konnte das geschehen? War es Sabotage?
Nein, wohl nicht, denn die Felgen waren alle neu und wurden vom Maler auf die gewünschte Farbe gespritzt. Dabei wurden offenbar auch die konischen Sitze der Muttern mit Farbe bespritzt und später nicht mehr abgeschabt. Die Radmuttern lagen also auf der Farbe auf, welche sich dort mit der Zeit aufgelöst hatte und darum hatten alle Muttern plötzlich zu viel Spiel. Normalerweise geschieht das bei neuen Felgen auf den ersten 100 Kilometeren, aber ich hatte ja schon mehr als 1'500 km zurückgelegt. Egal, wir waren sehr erleichtert, zogen alle Muttern an, räumten alles auf und wollten losfahren.
Doch von hinten nahte die Polizei mit Blaulicht und gab uns zu verstehen, dass wir warten sollten. In bestem Schweizerdeutsch erklärte ich den Beamten, dass wir alles repariert hätten und startete zum Beweis den Motor. Die Polizisten verstanden zwar gar nichts, aber am Geräusch eines gut klingenden V8-Zyiinder Motores hatten sie Freude und liessen uns ohne weitere Kontrollen losfahren. Vor lauter Freude vergassen sie sogar, das obligate Selfie zu machen .
Im Hotel angekommen sahen wir mindestens 5 Fahrzeuge, welche auf Anhängern dahin transportiert werden mussten. Vielerorts wurde repariert und umgebaut, also eigentlich wie immer nach einer anspruchsvollen Etappe.
Ach ja, es gab ja noch 2 Regularities mit 3 Timingpunkten zu fahren. Diese gelangen uns mit total 3 Strafsekunden gut und wir liegen weit vorne in der Rangliste. Aber: Wir mussten auf den kurvigen und geteerten Strecken einen Schnitt von 50 km/h fahren. Das hat 'Dumbo' gerade noch so geschafft, aber in späteren Prüfungen werden Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 70 km/h verlangt und das auf sandigen und steinigen Strecken. Da werden wir uns zurückhalten (müssen) und wollen das Fahrzeug schonen, so dass wir möglichst unbeschadet in Paris ankommen können. Also, bitte macht euch keine falschen Hoffnungen !
Morgen starten wir erst kurz vor neun. Trotzdem gehen wir früh schlafen, denn der 1. Tag hat uns einiges abverlangt. Aber Spass hat es gemacht!
Bruno Veit 19.05.2024 08:15
Herzlichen Dank für die spannenden Tagesberichte. Da mein Bruder auch mitfährt ( Startnr.103 ) , aber keine Tages- Reports jeweils verfasst, kann ich bei dir etwas „ nahe“ am Geschehen sein. Ich verfolge euch/ eure Standorte auf der „ Satellitenkarte“ !
Weiterhin gute Fahrt, wenig „ Reperaturstopps“ und viel Glück !
Bruno Veit
hanns proenen 18.05.2024 20:03
bin immer wieder begeistert von Deiner Improvisationskunst.
Der Trick mit der aussenliegenden benzinpumpe geht in meine Schatztruhe.
Michael Strasser 18.05.2024 17:37
Eine verpatzte Generalprobe ist der Garant für eine Erfolgreiche Vorstellung. Wird schon alles gut