29.11.2012 - 04.12.2012 Letzte Probefahrt für Rallye Peking-Paris
Letzten Donnerstag sind wir früh am Morgen im Schneetreiben gestartet. Da lediglich ein einzelner kleiner Scheibenwischer vorhanden ist, waren dieser sowie unsere Aufmerksamkeit doppelt gefordert. Bereits vor Basel machte sich der Scheibenwischerarm selbständig und landete in der seitlichen Ersatzradmulde. Dieses Problem war jedoch schnell behoben und wir gelangten ohne Probleme bis (fast) nach Arras (ca. 100 km vor Calais). Der neu eingebaute Zusatztank mit 150 km Fassungsvermögen erlaubt uns jetzt eine Reichweite von mehr als 650 km. Kurz nach dem Umschalten auf den 45 Liter fassenden Originaltank ruckelte der Wagen und ‚soff ab‘. In der Dunkelheit und im Lichte der Taschenlampe (die Arbeitslampe auf Stativ hatte ich vergessen einzupacken …) sahen wir, dass der Vergaser überlief. Offenbar war das Schwimmernadelventil nicht mehr dicht, so dass die elektrische Benzinpumpe mehr Benzin als nötig in den Vergaser pumpen konnte. Wir gelangten aber trotzdem bis in die Hotel-Tiefgarage, da wir die elektrische Benzinpumpe vom Fahrerraum aus ab- und anschalten konnten. Die Reparatur selber war einfach, wir mussten nur einen kleinen Kupferspan aus dem Schwimmernadelventil entfernen .
Am anderen Morgen fuhren wir weiter, unterquerten den Ärmelkanal (auf dem Zug) und fuhren Richtung London. Rund 80 km nach Dover standen wir auf der Autobahn im Stau und ruckelten im Stop and Go-Betrieb vorwärts. Immer deutlicher nahmen wir ein mahlendes Geräusch an der Hinterachse wahr und auch mit dem Anfahren wollte es nicht mehr so richtig klappen. Wir gelangten gerade noch auf den Pannenstreifen und nach kurzer Untersuchung bestätigte sich das Schlimmstbefürchtete. Die Halbwelle, welche vom Differential zum rechten Hinterrad führte, war gebrochen! An ein selbständiges Weiterkommen war nicht mehr zu denken. Aber Glück im Unglück! Wir konnten ein zufällig im Stau stehendes Abschleppfahrzeug herauswinken, dieses lud uns auf und fuhr uns nach Maidstone in eine Hinterhofgarage (wie man sie aus alten englischen Firmen kennt). Auf dem Parkplatz demontierten wir die gebrochene Halbwelle und wollten die Ersatzwelle montieren, welche ich wohl im Dunste einer Vorahnung mitgenommen habe. Leider konnten wir aber die Radnabe nicht vom gebrochenen Halbwellenstück entfernen, da wir kein genügend starkes Abziehgerät dabei hatten und die Hinterhofgarage trotz der äusserst lieben und grosszügigen Hilfe ebenfalls kein geeignetes Gerät hatte oder es nicht finden konnte. Auch eine Nachbargarage konnte uns trotz einer 15-Tonnen-Presse nicht weiterhelfen.
An eine Weiterfahrt auf eigener Achse war leider nicht mehr zu denken. Wir liessen unseren Rockne auf dem gut eingezäunten Gelände der Hinterhofgarage stehen, mieteten ein Fahrzeug und ich fuhr Röbi gegen 18:00 Uhr zum Flughafen London-Heathrow, damit er in die Schweiz zurückfliegen konnte um den Toyota mit Anhänger zu holen. Leider sprang auch mein Mietwagen am Flughafen nicht mehr an (Kurzschluss in der Batterie), was eine weitere Verzögerung von rund 1 ½ Stunden einbrachte. Gegen 20 Uhr konnte ich mit neuer Batterie Richtung Birmingham losfahren. Nach rund 1 Stunde Fahrzeit kam mir nach einem Blick auf die Aussertemperaturanzeige in den Sinn, dass unser Rockne ja nur wenig Frostschutz im Kühler hatte und einen eingefrorenen Motor wollte ich nicht riskieren. Also runter von der Autobahn, Frostschutz kaufen und mit Vollgas (keine Angst, mit einem Vauxhall Astra bleibt auch dann alles im mehrheitlich grünen Bereich) 200 km zurück nach Maidstone. Dort mit 10 Liter Frostschutz über 3 spitze Zäune geklettert (konnte leider kein Foto schiessen), im Dunkeln bei rund minus 3 Grad den Kühler geleert und neu aufgefüllt (@Beat Dubs: An was erinnert Dich das?).
Am anderen Morgen bin ich früh losgefahren und erreichte gerade noch pünktlich den Start zum Training-Day in Milton Hill. Dieser und der nächste Tag verliefen nach Plan, leider ohne Röbi, der mit dem Toyota und Anhänger bereits wieder nach England unterwegs war. Am Sonntagabend trafen wir uns wieder in Maidstone und nach einem ausgiebigen Nachtessen/trinken und einigermassen ruhigem Schlaf luden wir am Montag den Rockne auf den Anhänger und verabschiedeten uns von den liebenswürdigen Besitzern der Hinterhofgarage. Die Fahrt nach Winterthur zurück verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Alles in allem waren es sechs sehr interessante, abwechslungsreiche aber auch anstrengende Tage, wir haben in dieser Zeit mit 3 Fahrzeugen rund 4‘000 km zurückgelegt und viel an Erfahrung gewonnen, welche uns auf der grossen Reise sicher zu Gute kommen werden. Wir konnten in dieser Zeit auch lachen, sowohl über die Situation aber auch über uns selbst (ich habe nicht alle Details wiedergegeben). Vor allem bin ich (Röbi hoffentlich auch, ich habe ihn noch nicht gefragt) zur Überzeugung gelangt, dass wir ein gut eingespieltes, sich ergänzendes Team sind. Nach den Erkenntnissen aus dem ‚Briefing-Day‘ ist für mich klar, dass es ohne das nicht geht. Ersatzteile findet man wahrscheinlich auf der ganzen Welt, einen guten verlässlichen Partner nicht!
Der Rockne wird vermutlich noch dieses Jahr repariert sein, dann werde ich nochmals ausgiebig und mit voller Ladung die Schweizer Strassen herausfordern!