The 7. Peking to Paris Motor Challenge 4. Juli 2019 - Day 33: Szczecin nach Wolfsburg (395 km)
Die erste Sonderprüfung heute Morgen war ein abgesperrter Rundkurs mitten in der Stadt. Zwischen Parkbänken, Blumentöpfen, Abfallkübeln und Strassenlaternen bahnten wir unseren Weg über Teerbereiche und Kopfsteinpflaster. Zwei Runden à knapp 1 km waren zu fahren. Zuerst mussten wir mit 'Isabella' wieder eine Empore erklimmen, wurden kurz vorgestellt und nachher ging es unter Beifall des Publikums auf die Piste. Ich habe mir sagen lassen, dass ähnliches in der Schweiz unter dem Titel Formel E läuft. Da wir solche städtischen Rundkurse schon 2013 und 2016 gefahren sind, haben wir dannzumals offensichtlich eine Pionierrolle übernommen und dürfen nun festhalten, dass diese Tradition weiter geführt wird, wenn auch mit neueren Fahrzeugen und leicht höheren Geschwindigkeiten.
Die nächsten beiden Sonderprüfungen fanden auf einem ehemaligen und einem aktiven Flugfeld statt. Wir sind gewohnt zurückhaltend gefahren und unsere angeschlagene linke hintere Blattfeder hat alles klaglos mitgemacht.
Der Rest der Etappe führte uns durch das ehemalige ostdeutsche Hinterland, teilweise sehr tief in die Pampa hinein wo man gut sehen kann, dass der Aufschwung der Wiedervereinigung entweder vorher falsch abgebogen ist oder die Zeit bis dorthin einfach noch nicht gereicht hat, es sind ja auch erst 30 Jahre seither .
Einige Fahrzeuge zeigen jetzt doch etwas Auflösungserscheinungen. An einem Bentley fehlt seit heute Mittag eine komplette Lampe, welche sich vermutlich recht sang- und klangvoll vom Fahrzeug verabschiedet hat. Ein Chevrolet braucht pro Tag einen viertel Liter mehr Öl und liegt jetzt bei über einem Liter Ölverbrauch pro Tag. Er ist dafür weder zu übersehen noch zu überriechen, da das verbrauchte Öl sich durch die Brennräume und den Auspuff verabschiedet, was auf einen übermässigen Verschleiss der Kolbenringe (oder Schlimmeres) schliessen lässt. Andere klagen über seltsame Geräusche in den verschiedensten Komponenten oder haben beim gestrigen Aufräumen des Kofferraumes festgestellt, dass das Chassis und die Querstreben angebrochen sind. Vorsichthalber verzichten Röbi und ich auf weitere Inspektionen an unserer 'Isabella' und behalten lediglich das Auge unserer Blattfeder im Auge.
Wir stehen derzeit auf dem Parkplatz der Autostadt in Wolfsburg, wo wir unsere Tagesetappe abgeschlossen haben. Röbi sieht sich noch einen Teil dieses Museums an, während ich den Bericht schreibe und dem emsigen Treiben auf dem Parkplatz zuschaue. Soeben hat mich ein Reporter einer Oldtimer-Zeitschrift interviewt und sich sehr beeindruckt ab unserer Reise gezeigt. Offenbar sind am Morgen vom gleichen Parkplatz aus sog. Vitrinenfahrzeuge (fahren kaum, aber glänzen schön) zu einem 'Blueschtfährtli' aufgebrochen und er wurde darüber zum Schreiben verdonnert. Nun könne er auch noch über etwas Rechtes schreiben.
Mehrere Leute sprechen mich mehr oder weniger verständlich auf englisch an und sind dann sehr erleichert, wenn ich ihnen auf deutsch antworte. Das Interesse ist gross und die Zuschauer sind wohl alle bei VW angestellt, denn schon fast jede zweite Frage lautet: Wieviele VW's fahren denn mit? Wenn ich dann sage: Nur ein einziger VW-Käfer, dann machen sie lange Gesichter. Vieles hat sich via soziale Medien oder sonstwie herumgesprochen und wird nun leicht aufgebauscht wiedergegeben. So hat sich der Porsche, welcher sich in der Mongolei fünf Mal überschlagen hat, bereits zehnmal überschlagen und wenn das so weitergeht, überschlägt er sich immer noch, wenn wir in Paris ankommen.
Nun fahren wir bald ins Hotel und werden - wie üblich - ungefähr ein Bier geniessen.